1. Juni 2000 - wie gern erinnern wir uns doch an dieses mehr als denk- und erinnerungswürdige Datum: Jack da Fista und Jurin Klaschnikov Rosette - die strahlenden Sieger des 3. Bierkistenrennens. Ein Ereignis das seinen Schatten weit über Wengern hinaus werfen sollte...
Hier der Bericht eines begeisterten Augenzeugen, erschienen in der TAZ.
 



 
Männer, die in Stiefeln sterben

Stramme Geher gewannen Orientierungslauf am Kemnader Stausee. Die Zweitplazierten erlitten Schlagseite. Das geschlagene Feld scheiterte auf der Zielgeraden.

Bochum, 1. Juni, Vatertag, 13 Uhr. Noch eine halbe Stunde bis zum Start des dritten Bierkastenwettrennens um den Kemnader See in Bochum. Zwölf Leute und sechs Kisten Bier stehen vor dem Freizeitbad Heveney. Zwei Personen und ein Kasten bilden ein Team. Die Mannschaft, die als erste acht Kilometer um den See läuft und dabei die Kiste austrinkt, gewinnt. Die Bierkisten werden mit Startnummern von eins bis sechs versehen. 
   Sven und Christian, die Sieger des letztjährigen Rennens, umwickeln die Griffe ihrer Kiste Krombacher mit Schaumstoff. "Das ist notwendig, sonst könntest du die Kiste nach zehn Minuten nicht mehr tragen", meint Christian. Winterhandschuhe haben beide auch dabei. Die Teilnehmer gehen mit ihren "Sportgeräten" zu einem Grillplatz am Stausee. Hier ist Start und Ziel. Die Teams beginnen mit ihren Vorbereitungen. Ein Kletterseil wird durch eine Kiste "Pott´s" gezogen. Das einzig reine Frauenteam fängt an, Bierflaschen in ihre Rucksäcke zu stopfen. "Das ist erlaubt," sagt Vera, "wichtig ist nur, dass die Kiste im Ziel voll mit leeren Flaschen ist." Freunde und Bekannte der Teilnehmer stellen Kohle und Grillfleisch ab, zwei Grills werden aufgebaut. Die Helfer öffnen die ersten Bierflaschen. Sven und Christian haben sich ein silbernes Sportabzeichen angeheftet und die Handschuhe angezogen. Fünf Leute tragen Inline-Skates. Sie sind die "Guards" und fahren während des Rennens zwischen den Teams hin und her, um die Teilnehmer über die Anzahl der Flaschen zu informieren, die die Konkurrenten noch leeren müssen. Außerdem sollen sie sicherstellen, dass sich alle Sportler an die Wettkampfregeln halten: Bier verschütten oder an Fans verteilen ist nicht erlaubt. 
 

Sieger sehen anders aus. Einer der Gewinner mit Freude am alten "rein-raus-Spiel"


     Um zwanzig vor Zwei startet das Renen. die Titelverteidiger setzen sich sofort an die Spitze, die erste Flasche wird geöffnet. Christian erklärt die Taktik für die Runde um den See: "Wichtig ist, dass du die ganze Strecke stramm durchgehst. Joggen und dann für jede Flasche Bier stehen bleiben, bringt nichts." Die beiden haben Freunde zu ihrer Unterstützung mitgebracht, die mit einer halben Kiste Bier neben ihnen her gehen. Aus ihrem Ghetto-Blaster dröhnt Punk- und Skamusik. Sie öffnen auch die Flaschen für die Titelverteidiger. 
   Roger und Thomas, die an zweiter Stelle liegen, haben einen speziellen Öffner dabei, mit dem sie die Flaschen einhändig öffnen können. 
   Noch liegt das Feld nah beinander und die Prozession wird von entgegenkommenden Spaziergängern bestaunt. Einige grinsen, viele schütteln nur verständnislos den Kopf. Die Hälfte der Strecke ist zurückgelegt und die Titelverteidiger haben sich dank ihrer Taktik "stramm gehen" einen Vorsprung von fünf Minuten herausgelaufen. Die Kiste ist noch mehr als halb voll. 
   Ein Pärchen auf Skates kommt zum zweiten Mal den Teilnehmern entgegen und staunt: "Guck mal, wie viel die schon getrunken haben!" Fünfhundert Meter vor dem Ziel haben die Titelverteidiger immer noch fünf Minuten Vorsprung, angeschwollene Gesichter und fünf Flaschen zuviel im Kasten. "Die Verfolger haben nur noch drei!", ruft ihnen einer der Skater zu. Im Ziel werden die letzten Flaschen in einem Zug geleert. Die Sieger stehen fest - und gehen erst mal zum Kotzen in die Büsche. Die Zweitplazierten kommen ins Ziel: "Männer, die in Stiefeln sterben!", brüllt Roger. Sein Partner hatte heute keinen guten Tag. "Fünfzehn Kannen musste ich saufen!", sagt Roger, bevor er sich in der Rabatte übergibt. Einen dritten Platz gibt es nicht, die anderen vier Teams haben die Kiste nicht geleert. Darüber freuen sich jetzt die Guards und die Freunde der Teilnehmer. Einer fordert: "Ehrenrunde, Ehrenrunde!" Die gibt es nicht, dafür aber Würstchen vom Grill für alle. Dazu Bier. 
 
 
Artikel und Fotos: Elmar Kok, TAZ  
 


 
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